Die Aeneis – Antikenfestspiele Trier 2010

Das Projekt
Die Aeneis von Olivier Kemeid ist ein soziokulturelles Projekt des Bürgerhaus Trier-Nord unter der Schirmherrschaft des Theater Triers im Rahmen der Antikenfestspiele Trier – und kräftig unterstützt von den »Pioniergeistern«.

Plakat Die Aeneis von Olivier Kemeid
Plakat „Die Aeneis“ von Olivier Kemeid

Als Programmerweiterung der Antikenfestspiele 2010 realisieren die Bürgerinnen und Bürger aus Trier-Nord ein Theaterprojekt. In diesem Stadtteil mit einem faszinierenden Entwicklungspotenzial leben unterschiedlichste Bürgerinnen und Bürger Tür an Tür. Vom Migranten bis zum Alteingesessenen können diese ihre ganz eigenen Erfahrungen zu den Themen Flucht, Hoffnung, Heimat(-losigkeit), Neuanfang, Armut, Mut und Vertreibung in das Projekt mit einbringen.
Die Aeneis von Vergil behandelt die Irrfahrt des Helden Aeneas aus dem besiegten Troja und seiner Suche nach neuer Heimat. Mit Olivier Kemeids Stück ist nun eine Bearbeitung gefunden worden, die auf der einen Seite die heterogenen Lebenserfahrungen der Beteiligten zwischen Flucht und Bürgertum abbildet, auf der anderen Seite einen kraftvollen Bogen von der mythischen Antike hin zu aktuellen Problemen und (Überlebens-)Strategien schlägt. Dabei bietet es den Darstellern nicht nur durch seine 26 Rollen zahlreiche Ausdrucksmöglichkeiten.
Zum ersten Mal wird bei diesem Projekt soziokulturelle Theaterarbeit in das Konzept der Antikenfestspiele integriert. Zusätzlich zur überregionalen Strahlkraft präsentieren sie sich so als Festspiele für alle Bevölkerungsgruppen der ganzen Stadt und darüber hinaus.

Die Hauptverantwortlichen
Bernd Weihmann, Konzeptionelle Leitung und Produktion
Florian Burg, Regie
Richard Tito, Pädagogische Begleitung
Rosario Avanzato, Medialisierung Film/Ton
Jan-Christoph Krug (Assistenz: Valerie Buchow), Gesamtkoordination, Design und Bühnenbild


Der Autor Olivier Kemeid – aus Kanada angereist und Premierengast
Au Québec, nous connaissons deux Allemagnes: la première, c’est celle des affaires. Ce n’est même pas l’Allemagne au complet, c’est la Bavière. (…)

In Québec kennen wir zwei Gesichter Deutschlands: Das erste ist das Deutschland der Wirtschaft. Das betrifft noch nicht einmal Deutschland als Ganzes, sondern nur Bayern. Ein Bayern, das wir uns reich, geschickt und katholisch vorstellen und wo jeder einen BMW und Mercedes fährt. Québec hatte zuerst eine Generaldelegation in München, bevor sie eine in Berlin eröffnete, das sagt alles.
Das zweite Deutschland ist das der „trash“ Kultur. Das ist ein sehr vages Etikett, das zugleich Heiner Müller und Frank Castorf umfasst, aber auch Punk Musiker, brutale Choreographen, überschwängliche plastische Künstler. Sobald bei uns im Theater ein Schauspieler die Zuschauer in die Wüste schickt, mit dem Rücken zum Publikum spielt, Unsinnigkeiten ins Mikro schreit und mit Blut glänzende Stühle auf die Bühne wirft, das Ganze unterlegt mit Technomusik und auf Leinwand projizierten Bildern, die das Ende der Welt heraufbeschwören, sagt man „der macht einen auf Deutsch“.
Aaaaah, diese Stereotypen haben Haare auf den Zähnen!
Mit diesen Klischees im Kopf bin ich also in Trier gelandet. Und dort: Welch eine Überraschung – ich war wie vor den Kopf geschlagen.
Das Deutschland, das das Team des Bürgerhauses Trier-Nord mich kennen lernen ließ, ist das andere Deutschland, von dem man bei uns sehr selten spricht und das wir nicht kennen. Das wir uns nicht einmal vorstellen können. Dieses Deutschland hat viele Ähnlichkeiten mit dem anderen Québec, das man nicht auf Postkarten findet, was beeindruckend ist. Für mich war das Gefühl der Fremdheit viel geringer als ich es gedacht hätte. Die Probleme, die die kürzlich angekommenen Einwanderer antreffen, die Herausforderungen, die die ihnen helfenden Institutionen annehmen müssen, die Solidarität, die von sozialökonomisch benachteiligten Stadtteilen ausgeht, all das existiert natürlich in Montréal …. und in unzähligen anderen westlichen Städten.
Selbst vor den Aufführungen spielte sich „Die Aeneis“ schon bei dieser vor kurzem ausgewanderten Frau ab, die darum kämpfen musste, ein Dach über den Kopf zu bekommen. Bei diesem Mann, der mit seinem Kind allein ist und sein Heimatland verlassen musste, nicht um seiner selbst Willen, sondern um seines Sohnes Willen, dem er eine Zukunftschance geben wollte. Bei dieser jungen Frau, die von den bürokratischen Strapazen zermürbt ist, die die zwölf Arbeiten des Herkules zum Kinderspiel werden lassen.
Öffnet die Türen! Ohne diese Öffnung wird die Luft zum Atmen knapp. Dies birgt natürlich auch Risiken in sich. Dies zwingt zu Herausforderungen. Dies nennt sich Politik, in ihrem edelsten Sinne, mit ihrem höchsten moralischen Anspruch: Das Gesetz nicht unter uns zu begründen, sondern ausgehend vom Anderen. Die Herausforderung ist sehr groß, aber lasst uns nicht aufgeben, lasst uns niemals die Hoffnung verlieren: wir sind nicht allein.
Als ich, mehr als zwei tausend Jahre nach der Erzählung von Virgil, all diese Männer und Frauen aus Trier gesehen habe, deren Engagement, mit dem sie sich am Aeneis Projekt beteiligt haben, mich überwältigt hat, konnte ich nicht anders als an die folgenden Worte des römischen Dichters zu denken:
„Wir werden niemals alleine singen, da es in den menschlichen Wäldern immer ein Echo gibt.“
Vielen Dank an Bernd Weihmann, Jan-Christoph Krug, Florian Burg, an alle Schauspieler und all diejenigen – eine Vielzahl – die mir dieses schöne Abenteuer ermöglicht haben. (…)

Merci à Bernd Weihmann, Jan-Christoph Krug, à Florian Burg, à tous les comédiens et à tous ceux – nombreux! – qui ont permis cette belle aventure.

Olivier Kemeid


Impressionen


Dokumentation
Viel mehr Informationen zu diesem Projekt finden Sie in unserer Dokumentation: aeneis_dokumentation


Aus dem Feuilleton

16.07.2010 // Trierischer Volksfreund
Ganz großes Gemeinschaftswerk
Antikenfestspiele mal ganz anders: 30 Laiendarsteller und einige wenige Profis setzten im Rahmen eines Projektes des Bürgerhauses Trier-Nord den antiken Flüchtlingsmythos des Trojaners Aeneas zeitgemäß in Szene. Trier. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier lesen.

16.07.2010 // 16vor
Flüchtlingslager in den Thermen
Bis zu dreißig Personen wirkten an dem Theaterstück “Die Aeneis” mit, das unter der Regie von Florian Burg am Donnerstag in den Viehmarktthermen seine Premiere feierte. Das ist für den Rahmen der Antikenfestspiele eigentlich keine beeindruckende Schar an Darstellern, wenn das Stück nicht als Laienprojekt mit Trierer Bürgern verwirklicht worden wäre. Entstanden ist eine Performance, die dem theaterpädagogischen und einem hochgehängten künstlerischen Anspruch so über die Maßen gerecht wird, dass das diesjährige Antikenprogramm für dieses Heimspiel mehr als dankbar sein kann. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier leider nicht mehr lesen.

16.06.2010 // Trierischer Volksfreund
Irrfahrt mit erfolgreichem Ende
Im Bürgerhaus Trier-Nord wird weiterhin heftig für die Antikenfestspiele geprobt. „Die Aeneis“ aus der griechisch-römischen Sagenwelt wird als soziokulturelles Projekt unter Beteiligung von Trierer Bürgern inszeniert. Ein Abenteuer für alle Beteiligten. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier lesen.

08.06.2010 // Trierischer Volksfreund
Der Reiz der Entdeckung
Knapp drei Wochen vor der Eröffnungs-Premiere der Antikenfestspiele 2010 laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das Programm ist praller denn je, die Gastkünstler sind gerade eingetroffen, die Proben gehen in die heiße Phase. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier lesen.

31.03.2010 // Trierischer Volksfreund
Drama im Norden
Seit dem Bestehen der Trierer Antikenfestspiele haben die Macher immer wieder die Notwendigkeit betont, das Festival stärker in der Bürgerschaft zu verankern. 2010 macht man Ernst: Zum Programm gehört nun ein Projekt mit dem Bürgerhaus Trier-Nord. Laien spielen das antike Flüchtlingsdrama „Die Aeneis“. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier lesen.

19.11.2009 // 16vor
Bekannte Größen und eine große Unbekannte
Vor fast genau einem Jahr stellten Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink und Vertreter des Theaters das Programm für die Antikenfestspiele 2009 vor. Wenige Tage später wurde die Veranstaltung wegen schlechter Erfolgsaussichten abgesagt. In den vergangenen Monaten tüftelten die Beteiligten gemeinsam mit einer Trierer Werbeagentur über ein besseres Marketing- und ein neues künstlerisches Konzept. Gestern wurden das endgültige Programm und die Neuerungen für die 12. Antikenfestspiele, die vom 25. Juni bis 18. Juli stattfinden, vorgestellt: (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier leider nicht mehr lesen.


Förderungen

Gefördert im Rahmen des Bundesprogramms
„VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“

Logo Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und JugendLogo Vielfalt tut gutLogo Landkreis-Trier-SaarburgLogo Stadt Trier

Gefördert durch

Logo Europäischer Sozialfonds für DeutschlandLogo Europäische UnionLogo Stärken vor Ort