o tempora o mores

o tempora o mores // Jan-Christoph Krug
Premiere: 06.06.2003, 21:00 Uhr, Paulusplatz/Trier
Weitere Aufführungen: 11.06./12.06.2003


Das Original:
Johanna Baltz wurde am 23. 12.1849 in Arnsberg geboren. Sie ist als Novellistin, Lyrikerin und Dramatikerin mit einer Fülle von thematisch sehr unterschiedlichen Werken in die Literaturgeschichte eingegangen. Johanna Baltz schrieb unter anderem 1909 das Festspiel „Weg und Ziel“ zum 25jährigen Jubiläum des Kunst- und Gewerbevereins zu Trier. Sie starb am 31.12.1918. Im Rahmen der Vorbereitungen zur Ausstellung über die Werkkunstschule Trier des Städt. Museum Simeonstift entdeckte eine Kuratorin das Festspiel wieder und auf verschlungenen Pfaden fand es seinen Weg zum Fachbereich Innenarchitektur. Und wir fühlten uns der Tradition verpflichtet. Das Originalstück ist eine wunderschön leichte Betrachtung und Kritik an der Umgangsweise mit der Baugeschichte bzw. den tradierten Vorstellungen des Handwerks. Schon 1909 bedurfte es einer Mahnung, diese nicht zu vergessen. Und auch fast 100 Jahre später ist diese Kritik und Mahnung aktuell.
„Wo ist noch Kunst in jenem Handwerkstück / Aus einer Hand, aus einem Geist geboren? / Wer gibt die alte Einheit uns zurück, / mit der die Werkkunst, ach, soviel verloren. / Erdrückend liegt auf ihrem, unserm Tun / Vielseit’ger Technik dräuende Lawine. / Die eig’ne Schöpferkraft – wo ist sie nun? / Sie sank, – und im Triumph herrscht die Maschine!
Aber Johanna Baltz ließ den damaligen Zuschauer nicht resignieren und zeigte einen Ausweg auf, den sie der Jugend mahnend an das Herz legte.
„Hier (in Trier) heißt es: ahmet nicht die Alten nach / lernt nur von ihnen, laßt das Eigne bleiben / stets euer eigen auch; dem liegt es brach, / der sich damit begnügt, nur aufzuschreiben. / Bleibt wahr und hütet die Aufrichtigkeit, / Scheut jede Kleinigkeit, jede Nichtigkeit. / Das Echte hält sich fern vom Jahrmarkttreiben!“
Diese Mahnung und Weisung brachte uns zu dem Entschluss, das Original respektvoll als Grundlage für eine Neubearbeitung zu nutzen.
Der Titel „o tempora, o mores“ (O Zeiten, o Sitten) bezieht sich auf einen Ausspruch Ciceros.


Das Stück:
o tempora, o mores object trouvè konzeption

Die Neubearbeitung lehnt sich stark an die Originalstruktur und an den Originalinhalt an, setzt aber neue Akzente, sich immer an ihrem Credo orientierend: „Bleibt wahr und hütet die Aufrichtigkeit.“ Fast 100 Jahre alt ist das Festspiel, aber immer noch zeigt ihre Kritik eine fast erschreckende Aktualität.
„Die eig’ne Schöpferkraft – wo ist sie nun? Sie sank, – und im Triumph herrscht die Maschine!“ Die Maschine hat sich von der Kreissäge zum Computer weiter entwickelt, aber die daraus entstehenden Probleme mit der eigenen Schöpferkraft lassen heute noch jeden Professor zur Verzweiflung bringen. Kann man nicht sogar davon ausgehen, dass 1809 ein Lehrer nicht die gleiche Verzweiflung im Herzen trug?
„Ich will nicht untersuchen, woher unserer jetzigen Jugend die Einbildung gekommen, dass sie dasjenige als etwas Angeborenes bereits mit sich bringe, was man bisher nur auf dem Wege vieljähriger Studien und Erfahrung erlangen konnte, aber soviel glaube ich sagen zu können, dass die in Deutschland jetzt so häufig vorkommenden Äußerungen eines alle Stufen allmählicher Entwicklung keck überschreitenden Sinnes zu künftigen Meisterwerken wenig Hoffnung machen.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Das alte Spiel mit der Geschichte, sanftes Unverständnis zwischen den Alten und den Jungen, und umgekehrt, natürlich. Eine jahrhundertealte Problematik. Aber hat Goethe Recht, wenn er sagt, dass zu künftigen Meisterwerken wenig Hoffnung besteht? Oder ist es nicht so, dass jede Nicht-Nachahmung der Alten durch die Jugend gedeckt ist durch die Geschichte, dass jede Neuinterpretation zwangsläufig auf der Erfahrung der Geschichte fußt? Und das jede Neuinterpretation mit den Jungen alt wird…?

Difficile est saturam non scribere. Es ist schwierig, (darüber) keine Satire zu schreiben.


Das Ensemble:
Person A: Anne Wenzel eine sich nicht beirren Lassende
Person B: Ingo Isabettini ein Versuchs-Charmeur
Person C: Steffi Jutz eine Fürchtende
Person D: Laura Mariell Rottmann eine sich vor der Furcht Fürchtende
Person E: Mai Gregor Nickele ein fast-ironischer Intellektueller
Person F: Ina Höfer eine nachdrückliche Intellektuelle
Person G: Kathrin Spangemacher eine wirkliche Intellektuelle
Person H: Corinna Mattner eine Gesuchte
Der Weg: Meike Elzer eine historische Person
Das Ziel: Lisa Diekmann eine weitere historische Person

Der Eine, die Andere und zwei Weitere: Mario Limmer, Mara Fermer, Markus Panschar, Johannes Morgen, Jochen Reichert, Saiko (Wien), David Eckes, Paul Steinmann, Volker Gebhardt Töne Erschaffende
Un-Sichtbar: Alexander Schmitz Bilder Erschaffender

Licht: Corinna Mattner, Karin Dürr
Bühnenbild: Jan-Christoph Krug
Gesamtlayout: Eike Bock
Film- /Fotoaufnahmen: Eike Bock

Regie: Jan-Christoph Krug
Regie-Assistenz: Anne Wenzel

Produktion: Jan-Christoph Krug
Co-Produktion: Vanessa Thulliez


Die Fotos:
Eine Auswahl


Die Töne:
„Strandgut“ – Anne Wenzel & Mario Limmer


Aus dem Feuilleton

11.06.2003 // Trierischer Volksfreund
Früher war alles besser
„Ahmet nicht die Alten nach, lernt nur von ihnen“, heißt es in „Weg und Ziel“ (1909) von Johanna Baltz. Das Werk dient dem Theaterstück „O tempora, o mores“ als Vorlage. Die Premiere fand statt im Rahmen der Wiedereröffnung der Fachhochschule am Paulusplatz. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier lesen.

07/2003 // Neue Universal
Die Einheit und das Eigne
Anlässlich der Neueröffnung der Fachhochschule am Paulusplatz stand die Theatergruppe „Widersprich nicht dem Zwerg“ mit ihrem zweiten Stück „O tempora o mores“ – „oh Zeit, oh Sitten“ – auf der Bühne. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier leider nicht mehr lesen.

02.06.2003 // Trierischer Volksfreund
Kreative Köpfe in alten Mauern
Endlich ist es soweit: Die Studiengänge Kommunikationsdesign und Innenarchitektur der FH Trier kehren zurück in ihr angestammtes Gebäude am Paulusplatz. (…)
Den ganzen Artikel können Sie hier lesen.


Wir bedanken uns für die freundliche tatkräftige Unterstützung und Förderung bei:

  • Dr. Schulte, Städtisches Museum Simeonstift
  • Studentenwerk Trier
  • Lokalfernsehsender Trierplus
  • Dr. Ehmke, Präsidentin der FH Trier
  • Prof. Kluge, FB Kommunikationsdesign der FH Trier
  • Prof. Putschögl, FB Innenarchitektur der FH Trier